Die Fraktion der LINKEN hat zur 72. Plenarsitzung des Sächsischen Landtags eine Große Anfrage zum Thema „Inklusion von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt“ gestellt. Für unsere AfD-Fraktion im Sächsischen Landtag habe ich in meiner Funktion als behindertenpolitische Sprecherin dazu Stellung bezogen! Im Folgenden können Sie das Redemanuskript einsehen und das Video der Rede. Meine zweite Rede zum folgenden Entschließungsantrag der LINKEN können Sie hier einsehen.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, werte Abgeordnete,
Erwerbstätigkeit ist für erwachsene Menschen ein ganz wesentlicher Aspekt, um sich einer Gesellschaft zugehörig zu fühlen. Und gerade für Menschen mit Behinderungen hat die Teilhabe am Arbeitsleben eine große Bedeutung:
- Erwerbstätigkeit bedeutet wirtschaftliche Unabhängigkeit. Durch Teilhabe am Arbeitsleben können Menschen mit Behinderungen ein eigenes Einkommen erzielen und sind nicht auf staatliche Leistungen oder die Unterstützung anderer angewiesen.
- bedeutet Erwerbstätigkeit die Stärkung des Selbstwertgefühls. Menschen mit Behinderungen können ihre Fähigkeiten und Talente entfalten, ihre Leistungen anerkennen lassen und somit aktiv an der Gesellschaft teilnehmen.
Die Teilhabe am Arbeitsleben bietet des Weiteren auch die Möglichkeit zur persönlichen Entwicklung und zur Weiterentwicklung von Fähigkeiten. Durch Arbeit können neue Kompetenzen erworben und vorhandene Fertigkeiten verbessert werden.
Missstand, der zum Handeln auffordert
Werte Abgeordnete,
Menschen mit Behinderungen sind ein wichtiger Teil des Wirtschafts- und Arbeitslebens. In Zeiten des Fachkräftemangels sind Fachkräfte begehrt und gesucht. Das Erwerbspotential gut ausgebildeter Fachkräfte ist unter den arbeitslosen Schwerbehinderten sehr hoch, da viele gut qualifiziert sind. 54% der arbeitslosen Schwerbehinderten haben eine Berufsausbildung . Bei nicht-schwerbehinderten Arbeitslosen sind es nur 43%. Der Arbeitsmarkt kann es sich eigentlich nicht leisten, auf diese gut ausgebildeten, oftmals sogar hochqualifizierten Menschen zu verzichten.
Und trotzdem haben es Menschen mit Behinderungen schwerer auf dem Arbeitsmarkt als Menschen ohne Behinderungen. So brauchen sie zum Beispiel erheblich länger, eine bestehende Arbeitslosigkeit zu beenden, als Personen ohne Behinderung.
Dies ist ein Missstand, der uns zum Handeln auffordert.
So wurden zum Beispiel zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben auf Bundesebene kürzlich zwar Änderungen beschlossen, doch leider wurde die Chance vertan, im Zuge einer Reformierung neue Mechanismen einzuführen, mit denen die Einbindung von Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt forciert werden könnte.
Behinderte Menschen müssen Anforderungen gewachsen sein
Schauen wir einmal auf die Arbeitsmarktrealitäten:
Seit vielen Jahren steigt die Zahl der Arbeitgeber stetig an, die
trotz Beschäftigungspflicht,
trotz Ausgleichsabgabe,
trotz Bußgeldzahlungen
keinen einzigen schwerbehinderten Menschen beschäftigen. Mittlerweile entziehen sich 45.000 Arbeitgeber – also ein Viertel aller beschäftigungspflichtigen Arbeitgeber insgesamt – sich vollumfänglich ihrer gesetzlichen Pflicht und beschäftigen nicht mal einen einzigen schwerbehinderten Menschen.
Einstellung behinderter Menschen belohnen
Daran können wir doch erkennen, dass der Ansatz, dass Arbeitgeber bei Nichteinstellung von Menschen mit Behinderung bestraft werden, nicht funktioniert – oder allenfalls nur eingeschränkt.
Wir als AfD halten es für zielführender, wenn die Einbindung von Menschen mit Behinderung in den Betrieben nicht über Sanktionen erfolgt. Wir sind der Ansicht, dass die Arbeitgeber Anreize zur vermehrten Einstellung von Menschen mit Behinderung benötigen. Das hätte gleichzeitig auch den Aspekt, dass die Beschäftigung dieser Bürger positiv besetzt wird.
Deswegen haben wir uns auch auf Bundesebene für eine neue Konzeption der Ausgleichsabgabe in Form eines Bonus-Malus-Systems stark gemacht.
Das heißt, jeder Arbeitgeber, der seiner gesetzlichen Beschäftigungspflicht vollumfänglich nachkommt, sollte einen jährlichen Bonusbetrag erhalten – finanziert aus Mitteln der Ausgleichsabgabe.
Der Vorteil eines solchen Systems liegt auf der Hand:
Durch die Bonuszahlungen wird der Arbeitgeber stärker dazu animiert, Menschen mit Behinderungen einzustellen. Das „Freikaufen“ wird endlich unrentabel.
Werte Abgeordnete,
lassen Sie mich noch einige Worte über die Bedeutung der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen verlieren.
Mir ist das wichtig, weil die Diskussion in den letzten Jahren ja immer mehr in die Richtung gegangen ist: „Wir müssen die Menschen alle aus den Werkstätten rausholen und in den ersten Arbeitsmarkt bringen.“ Selbstverständlich muss ein Übergang in den allgemeinen Arbeitsmarkt möglich sein, wenn es vom Werkstattbeschäftigten gewünscht ist und er auch die individuellen Fähigkeiten dazu mitbringt. Aber dafür braucht es mehr als das Bereitstellen von Fördergeldern , denn wir müssen immer auch berücksichtigen, dass es für den größten Teil der in den Werkstätten Beschäftigten, nicht möglich ist, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit seinen harten Anforderungen zu bestehen.
Die Werkstätten aber bieten dagegen die Möglichkeit, in einem geschützten Arbeitsumfeld arbeiten zu können.
Hier, in den Werkstätten, erhalten die Beschäftigten individuelle Förderung und Unterstützung, um ihre Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Es werden Schulungen und Weiterbildungen angeboten, um ihre beruflichen Kompetenzen zu erweitern und ihre Selbstständigkeit zu fördern.
Und, nicht zu vergessen, bietet die Arbeit in einer Werkstatt die Möglichkeit, soziale Kontakte zu knüpfen und in einer Gemeinschaft aktiv zu sein.
Wir müssen anerkennen, dass eine berufliche Teilhabe für viele Menschen mit Behinderung ohne Werkstätten nicht möglich ist.
Deswegen sollten wir unser Augenmerk zukünftig vermehrt auch darauf richten, die Strukturen der Werkstätten zu stärken. Doch brauchen wir in erster Linie eine angemessene Finanzierung, damit Infrastruktur und Dienstleistungen der Werkstätten aufrechterhalten und weiterentwickelt werden können.
Vielen Dank!